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MDR: Wann haftet die Verantwortliche Person (PRRC)?

Seit dem 26. Mai 2021 müssen Hersteller von Medizinprodukten und ihre Bevollmächtigten über eine Person verfügen, welche für die Einhaltung der regulatorischen Vorschriften verantwortlich ist. Die Verantwortliche Person hat eine zentrale Rolle bei der Kontrolle und Überwachung von Medizinprodukten und In-Vitro-Diagnostika. Nachfolgend informieren wir Sie über die zivil- und strafrechtliche Verantwortung dieser Person und zeigen Ihnen auf, was Sie tun können, um das Haftungsrisiko zu reduzieren.

27.08.2021 Matthias Stauffacher  •   Dr. Christoph Willi, LL.M.

Ausgangspunkt für die Bestimmung der zivil- und strafrechtlichen Verantwortung der Verantwortlichen Person sind die ihr obliegenden Sorgfaltspflichten.

Sorgfaltspflichten

Die allgemeinen Sorgfaltspflichten im Umgang mit Heilmitteln verpflichten die Verantwortliche Person dazu, alle Massnahmen zu ergreifen, die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderlich sind, um eine Gesundheitsgefährdung zu vermeiden. Dabei im Vordergrund steht die Verantwortung für das Qualitätsmanagement-System, das für die Kontrolle und Überwachung der Medizinprodukte von Gesetzes wegen verlangt ist. Die Verantwortliche Person hat dafür besorgt zu sein, dass das Qualitätsmanagement-System, einschliesslich dem System für das Risikomanagement und für die Überwachung nach dem Inverkehrbringen, dem Stand von Wissenschaft und Technik entspricht und laufend weiterentwickelt wird.

Arbeitshilfe

Aufgrund der weitgehenden Sorgfaltspflichten und der zentralen Rolle bei der Kontrolle und Überwachung von Medizinprodukten ist die Verantwortliche Person besonders exponiert. Im Sinne einer Checkliste haben wir für Sie 10 Empfehlungen zusammengestellt, um das Risiko dieser Tätigkeit zu reduzieren.

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Zivilrechtliche Verantwortung

Die Verantwortliche Person haftet für Schäden, die sie in Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten verursacht hat. Unerheblich ist, ob das Unternehmen direkt geschädigt wird oder ob Dritte im Umgang mit Medizinprodukten einen Schaden erlitten haben und das Unternehmen dafür haftbar machen (Produktehaftung). In beiden Fällen kann das Unternehmen auf die Verantwortliche Person Rückgriff nehmen, wenn sie den Schaden durch ihr Verhalten kausal verursacht hat.

Die Voraussetzungen für den Rückgriff auf die Verantwortliche Person richten sich nach dem Vertrag, der dem Verhältnis zwischen der Verantwortlichen Person und dem Hersteller oder dem Bevollmächtigten zugrunde liegt.

Ist die Verantwortliche Person als Arbeitnehmerin angestellt, so richtet sich die Haftung nach dem Arbeitsrecht. Als Arbeitnehmerin ist die Verantwortliche Person für den Schaden verantwortlich, den sie ihrem Arbeitgeber absichtlich oder fahrlässig zugefügt hat. Im Arbeitsvertrag oder in einem Vertragszusatz kann die Haftung für leichte oder mittlere Fahrlässigkeit wegbedungen werden. Dadurch wird die Haftung auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Dies erfordert eine schwerwiegende Verletzung von elementarsten Sorgfaltspflichten. Die Verantwortliche Person muss grundlegende Vorsichtsgebote ausser Acht gelassen oder Massnahmen unterlassen haben, die jedem verständigen Menschen in der gleichen Lage und unter den gleichen Umständen hätten einleuchten müssen. Ihr Verhalten muss als schlechterdings unverständlich erscheinen ("Wie konnte sie nur?").

Ist die Verantwortliche Person als Beauftragte selbständig tätig, so richtet sich die Haftung nach Auftragsrecht. Als Beauftragte ist die Verantwortliche Person zur getreuen und sorgfältigen Ausführung der ihr übertragenen Aufgaben verpflichtet. Bei der Beraterhaftung werden höhere Anforderungen an die Erfüllung der Sorgfaltspflichten gestellt als im Arbeitsrecht. Aber auch im Auftragsrecht ist eine Beschränkung der Haftung auf Vorsatz oder Grobfahrlässigkeit zulässig.

Strafrechtliche Verantwortung

Die strafrechtliche Verantwortung im Umgang mit Medizinprodukten ist nicht auf ein aktives Tun beschränkt. Sie besteht auch bei einer pflichtwidrigen Untätigkeit, wenn der Unterlassende die Gefährdung oder Verletzung eines strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht verhindert, obwohl er aufgrund seiner Rechtsstellung dazu verpflichtet war.

Der Verantwortlichen Person obliegt die Aufgabe, die Konformität der Produkte nach dem Qualitätsmanagement-System "in angemessener Weise" zu prüfen, bevor ein Produkt freigegeben wird. Damit trägt die Verantwortliche Person eine besondere Verantwortung dafür, dass nur Produkte in Verkehr gebracht werden, welche die grundlegenden Sicherheits- und Leistungsanforderungen erfüllen. Sind durch Produktemängel Personen zu Schaden gekommen oder wurde die Gesundheit von Patienten gefährdet, so ist in einem allfälligen Strafverfahren zu klären, ob die Verantwortliche Person die ihr obliegenden Prüf- und Sorgfaltspflichten vernachlässigt hat. Dabei ist zu prüfen, ob das Qualitätsmanagement-System dem aktuellen Stand entsprechend nachgeführt ist und der Verantwortlichen Person eine "angemessene" Prüfung und Überwachung erlaubt.

Auch bei der Marktüberwachung nimmt die Verantwortliche Person eine wichtige Funktion ein. Insbesondere hat sie sicherzustellen, dass der Hersteller ein wirksames und effizientes System für die Überwachung der in Verkehr gebrachten Medizinprodukte einrichtet und auf dem neuesten Stand hält. Sollten Patienten zu Schaden kommen, weil die Post-Market Surveillance die gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllt, so stellt sich die Frage, inwiefern die Versäumnisse der Verantwortlichen Person persönlich zugerechnet werden können. Dabei ist zu prüfen, ob sie alles getan hat, um eine Gefährdung abzuwenden.

Ebenso beim Entscheid über allfällige Korrekturmassnahmen bis hin zum Rückruf defekter oder nicht mehr konformer Medizinprodukte kommt der Verantwortlichen Person eine zentrale Rolle zu. Wiederum stellt sich die Frage nach der persönlichen Vorwerfbarkeit, wenn die Mitteilung an Swissmedic oder die Anordnung eines Rückrufs unterbleibt. Dies obwohl der Verantwortlichen Person die Erforderlichkeit dieser Massnahme aufgrund der Schwere des Mangels oder der Dringlichkeit zum Schutz der Patientinnen und Patienten hätte bekannt sein müssen.  

Was ist zu tun?

Diese Beispiele illustrieren, wie exponiert die Verantwortliche Person in der Ausübung ihrer Tätigkeit ist. Vor der Übernahme dieser Schlüsselrolle in einem Unternehmen – sei es als Arbeitnehmerin oder externe Beraterin - muss sie deshalb eine sorgfältige Due Dilligence durchführen. Diese Prüfung darf sich nicht auf bereits vorhandene Mängel und Risiken beschränken. Vielmehr ist Klarheit zu erlangen über unternehmensinterne Zuständigkeiten, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten. Im Vordergrund dieser Prüfung stehen die in den internen Arbeitsanweisungen (SOP) festgelegten Abläufe. Darüber hinaus ist die Haftung zu regeln, was auch noch nachträglich in einem Vertragszusatz erfolgen kann. Schliesslich ist zu thematisieren, ob und in welchen Bereichen der Verantwortlichen Person ein Weisungsrecht zukommen soll und welche Stellung sie gegenüber der Geschäftsleitung einnimmt.

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